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Foto: Gaby Gerster / Dein SPIEGEL

Besuch in einer Tierklinik Das Krankenhaus für Haustiere

In Hofheim bei Frankfurt am Main steht eine der größten Tierkliniken Europas. Jeden Tag werden hier Hunderte Kleintiere behandelt, vor allem Hunde und Katzen. »Dein SPIEGEL« hat sich angeschaut, wie das funktioniert.
Von Pelle Kohrs aus Dein SPIEGEL 3/2024

Der Cockerspaniel Hugo hat zwei Schlappohren und ziemlich schlechte Laune: Ihm schmerzen Nase, Mund und Kiefer. Außerdem missfällt Hugo, dass gerade drei Personen an ihm herumfummeln. Sie halten Hugo mit geübtem Griff auf einem Behandlungstisch fest und reden ihm beruhigend zu. Was der Hund nicht weiß: Die Menschen wollen ihm nichts Böses, sondern helfen.

Hugo befindet sich in der Tierklinik Hofheim bei Frankfurt am Main. Die Einrichtung ist eine der größten Tierkliniken in Europa. 330 Menschen arbeiten hier, da­runter 95 Tierärztinnen und Tierärzte. Sie behandeln jeden Tag etwa 200 Kleintiere. Vögel, Kaninchen und Meerschweinchen zum Beispiel, doch zum allergrößten Teil Hunde und Katzen, auf die sich die Tierklinik spezialisiert hat. Das bedeutet, dass die Mitarbeitenden ihnen bei fast allen gesundheit­lichen Problemen helfen können.

Hier in Hofheim sind diese Probleme meist groß. Die Tiere, die hier hergebracht werden, brauchen keine Impfung, Zeckenentfernung oder geschnittene Krallen. Stattdessen kümmern sich die Fach­leute um Haustiere, denen in normalen Tierarztpraxen häufig nicht geholfen werden kann.

So wie Hugo, der mittlerweile tief und fest schläft. Das Team um Tierärztin Julia Gedon hat ihn in Vollnarkose versetzt. »Hugo hat einen Tumor am Gaumen, den wir uns jetzt genauer angucken müssen«, sagt Julia Gedon. Damit sie beurteilen kann, wie sich der Tumor am besten bekämpfen lässt, kommt der Hund in den Computertomografen, auch CT genannt. Das ist eine 3D-Röntgen-Untersuchung, bei der Schnittbilder des Körpers angefertigt werden. »Die Narkose ist nötig, weil sich die Tiere dabei für einige Minuten keinen Zentimeter bewegen dürfen.«

Julia Gedon ist eine der Oberärztinnen in der Onkologie. So heißt der medizinische Fach­bereich, der sich mit Krebserkrankungen beschäftigt und in dessen Räumen sich Hugo gerade be­findet. Hier in Hofheim gibt es 18 Fachbereiche für verschiedene Erkrankungen, etwa solche am Nervensystem, an den Augen, an der Haut oder am Herzen. Die medizinischen Namen? Echte Zungenbrecher: Neurologie, Ophthalmologie, Dermatologie und Kardiologie.

Es ist etwas Besonderes, dass es in einer Tierklinik für so viele Bereiche einen Experten oder eine Expertin gibt. »Aus diesem Grund kommen auch Leute aus ganz Deutschland mit ihren Tieren zu uns«, sagt Katharina Kessler. Sie arbeitet bereits seit 20 Jahren hier – früher als Tierärztin, heute in der Verwaltung, wo sie sich unter anderem um Presseanfragen kümmert. »Viele Medien wollen über unsere Arbeit berichten«, sagt Kessler. »Wahrscheinlich weil hier so viel los ist.«

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In der Telefonzentrale der Klinik gibt es ebenfalls viel zu tun. Jeden Tag rufen hier rund 300 Leute an, um Termine abzumachen. Nur Tiere, denen es richtig schlecht geht, dürfen ohne Anmeldung vorbeigebracht werden. Das Team der Notfallambulanz steht dafür Tag und Nacht zur Verfügung. »Vor ein paar Tagen wurde eine Hündin angeliefert, die beim Spielen aus einem Fenster gesprungen ist«, erzählt Katharina Kessler. Zehn Meter sei die Retriever-Hündin Kimba in die Tiefe gestürzt. »Sie hat sich durch den Aufprall einen Riss in der Lunge zugezogen und einige Knochen gebrochen.« Kimba musste sofort versorgt werden. Jetzt, einige Tage später, trägt die Hündin einen blauen Verband an der rechten Vorderpfote und einen Schlauch im Brustkorb. Sie wirkt müde, doch sie lebt.

Die Retriever-Hündin Kimba hat einen Sturz überlebt und ist nun auf der Intensivstation der Klinik. Tierärztin Celine Kim dokumentiert die Wundheilung. Der Schlauch in Kimbas Brustkorb saugt Luft ab, die aus einem Riss in ihrer Lunge entweicht.

Die Retriever-Hündin Kimba hat einen Sturz überlebt und ist nun auf der Intensivstation der Klinik. Tierärztin Celine Kim dokumentiert die Wundheilung. Der Schlauch in Kimbas Brustkorb saugt Luft ab, die aus einem Riss in ihrer Lunge entweicht.

Foto: Gaby Gerster / Dein SPIEGEL

Kimba hält sich seit ihrem Unfall auf der Intensivstation der Klinik auf. Rund 40 Tiere werden hier stationär betreut. Die tiermedizinischen Fachangestellten, Tierärztinnen und Tierärzte umsorgen und überwachen die Patienten rund um die Uhr. Mit Kimba und den anderen Hunden gehen die Mitarbeitenden zudem mehrmals am Tag draußen auf dem Klinikgelände spazieren.

Auch Hugo könnte bald Zeit auf der Intensivstation verbringen. Jetzt gerade steckt der schlafende Hund allerdings im CT-Gerät. Das Fachpersonal hat ihn dafür auf ein rotes Polster aus Schaumstoff gelegt. Hugos Schlappohren sind darauf ausgebreitet. Seine Zunge hängt aus dem Maul. Darin steckt ein Schlauch, über den der Cockerspaniel das Narkose-Gas einatmet.

Weil er einen Tumor am Gaumen hat, muss Hugo in den Computertomo­grafen. Das geht nur in Vollnarkose, da der Hund sich währenddessen nicht bewegen darf.

Weil er einen Tumor am Gaumen hat, muss Hugo in den Computertomo­grafen. Das geht nur in Vollnarkose, da der Hund sich währenddessen nicht bewegen darf.

Foto: Gaby Gerster / Dein SPIEGEL

Tierärztin Julia Gedon und ihr Team beobachten das Ganze im Raum nebenan durch eine Glasscheibe. Auf zwei Bildschirmen erscheinen dort CT-Bilder von Hugos Kopf. Julia Gedon schaut sie sich genau an. Der Tumor scheint größer zu sein als gedacht. »Ich muss diese Aufnahmen später mit einem Chirurgen besprechen. Dann entscheiden wir, ob eine Operation sinnvoll ist.«

Operiert wird in Hofheim häufig, 20- bis 25-mal am Tag. Wer in den Gängen der Tierklinik unterwegs ist, erkennt manche Chirurgen schon von Weitem – sie tragen bunte Hauben und Stirnleuchten.

Ob auch Hugo bald auf einem OP-Tisch landet, steht noch nicht fest. Die Tierärztinnen und Tierärzte sind zu dem Schluss gekommen, dass eine Operation kompliziert wäre, da Hugos Tumor recht groß ist. Was als Nächstes mit dem Hund passieren soll, müssen nun seine Besitzer entscheiden.

Nicht alle Tiere, die in die Tierklinik Hofheim kommen, werden wieder gesund. Einige müssen für den Rest ihres Lebens Medikamente bekommen, andere sterben. »Das ist immer schlimm, auch für uns«, sagt Katharina Kessler, die einen Hund und eine Katze hat. »Haustiere sind oft ein enger Teil der Familie.«

Die Retriever-Hündin Kimba ist inzwischen wieder zu Hause

Die Retriever-Hündin Kimba ist inzwischen wieder zu Hause

Foto: Gaby Gerster / Dein SPIEGEL

Doch den meisten Patienten kann in der Tierklinik geholfen werden. So wie der Hündin Kimba, die aus dem Fenster gestürzt war. Nach einer erfolgreichen Operation durfte sie die Klinik verlassen. »Es ist schon ein Wunder, dass sie überhaupt noch lebt«, sagt Katharina Kessler. »Und noch schöner, dass sie nun wieder zu Hause bei ihrer Familie ist.«

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Dieser Artikel erschien in »Dein SPIEGEL« 3/2024.

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